Foto-Journalismus / Editorial | Nominiert

Alex Masi

London/Großbritannien www.alexmasi.com

Bhopal Second Disaster

Konzept

Bhopal ist noch immer traumatisiert.

Drei Jahrzehnte nach der Katastrophe von Bhopal, die sich in der Nacht des 3. Dezember 1984 ereignete, kämpfen die betroffenen Familien weiter für Gerechtigkeit und ein gesundes Umfeld für ihre Gemeinde.

Eine halbe Million Einwohner der Hauptstadt des indischen Bundesstaates Madhya Pradesh waren betroffen, als aufgrund technischer Pannen mehrere Tonnen giftiger Stoffe aus einem Chemiewerk in die Atmosphäre entwichen. Tausende Menschen starben an den unmittelbaren Folgen.

Seit jener schicksalhaften Nacht verbindet die Weltöffentlichkeit die Stadt Bhopal vor allem mit den schrecklichen Bildern des Unglücks und seiner Folgen, die auf dramatische Weise deutlich gemacht haben, wie groß die Gefahren einer unreglementierten Industrialisierung und rücksichtslosen Verschmutzung der Umwelt sind.

Noch heute wird das Leben und die Gesundheit der Überlebenden durch das damalige Versagen des indischen Unternehmens Union Carbide beeinträchtigt: Rund 100.000 Menschen leiden durch die anhaltenden Folgen des Gasaustritts an chronischen Krankheiten. Verunreinigtes Trinkwasser hat zu einem starken Anstieg der Geburtsfehler und schweren Behinderungen bei Kindern geführt.

Der gefährliche Giftmüll liegt noch immer unter dem stillgelegten Werksgelände, wo Werksbetreiber Union Carbide ihn damals vergraben hat. Die giftigen Chemikalien sind längst ins Trinkwasser eingedrungen. Noch drei Kilometer vom Gelände entfernt können in Proben gefährlich hohe Werte von Pestiziden, chlororganischen Verbindungen und Schwermetallen festgestellt werden.

Seitdem Union Carbide von der DOW Chemical Company aufgekauft wurde, weigert sich das US-amerikanische Chemieunternehmen, Verantwortung für die Katastrophe zu übernehmen.

Und während sich das Unternehmen vor Gericht verantworten musste, erhielt es ausgerechnet noch einen Zehnjahresvertrag als weltweiter Sponsor der Olympischen Bewegung (2010-2020).

Inzwischen haben sich bemerkenswerte Dinge in Bhopal zugetragen. Die starre Haltung der indischen Politik hat den "Überlebenden" keine andere Wahl gelassen, als ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Sie haben sich in Gruppen organisiert, um für Gerechtigkeit zu kämpfen, und eigene medizinische Programme ins Leben gerufen.

Bei meinem Aufenthalt in den betroffenen Gemeinden von Bhopal habe ich versucht, meine Motive auf intime und bedeutungsvolle Weise in den Blick zu nehmen. Mein Ziel waren Aufnahmen, die den Betrachter berühren und sein Mitgefühl wecken. Meine Hoffnung ist, dass meine Fotos das öffentliche Bewusstsein schärfen und zu Solidarität und konkreten Taten für die Menschen von Bhopal führen werden: Denn diese Menschen kämpfen unermüdlich dafür, dass ihnen Gerechtigkeit widerfährt und sie endlich ihren inneren Frieden wiederfinden.

Seit 1984 kämpfen mutige Bürger dafür, dass die Verantwortlichen für die Katastrophe von Bhopal zur Rechenschaft gezogen werden. Sie können uns allen als Vorbild dienen, vereint die Stimme zu erheben und gemeinsam gegen Ungerechtigkeit zu kämpfen, wo immer sie uns begegnet.